Freyler, Gisela M.
Zur Welt kam ich 1949 in dem Badischen Weindorf Bahlingen a. K. wo ich aufwuchs und größtenteils auch zur Schule ging. Aufgrund der Trennung meiner Eltern bekamen mein ein Jahr älterer Bruder und ich eines Tages einen vermeintlich guten Ersatzvater auf den wir uns zunächst sehr gefreut haben. Ein Stiefvater, der mein Leben unwiderruflich prägen sollte.
„Unser Stiefvater war pädophil und griff nach dem kleinen unschuldigen Mädchen wann immer es ihm beliebte“. Wusste ich doch schon als kleines Mädchen, dass das was mit mir passierte nicht gut und richtig war. Große Scham und eine unbändige Angst vor dem Stiefvater belasteten meine junge Seele. Ein erdrückend mieses Gefühl.
Darüber hinaus wurde ich in der Schule gehänselt und verspottet weil wir zu den Zeugen Jehovas gehörten. Einer Glaubensgemeinschaft, die sich nach außen hin überaus sittenstreng gibt. Von ihren Gläubigern verlangt sie strengste Regeln zu befolgen, so auch die „moralische“ in Form von Keusch- und Unbeflecktheit, das man über alles stellt. Selbst einige Lehrer hatten ihren Spaß daran, mich wegen dieser Glaubensgemeinschaft zu quälen.
Massivst belastete mich diese Doppelmoral, mit der ich mich täglich konfrontiert sah. Ich fühlte mich ohnmächtig, total überfordert und hatte niemanden, dem ich mich hätte anvertrauen können. Am wenigsten meiner Mutter. Von ihr fühlte ich mich stets ungeliebt und abgelehnt. Ich war ihr gleichgültig und fühlte mich einsam, missbraucht, tief verletzt, beschmutzt, ausgenutzt und gedemütigt.
Aus der Schule wurde ich sofort in die Fabrik gesteckt. Einen Beruf erlernen, nein, das durfte ich nicht, schließlich würde ich sowieso heiraten und das verdiente Geld könne man ganz gut selbst gebrauchen.
So trat ich hinaus in ein Leben, das man „Schicksal“ nennt. Tatsächlich heiratete ich schon bald, mit 18 Jahren durch eine geplante Schwangerschaft. Es war eine erneute Flucht aus dem Haus meiner Eltern. Dem Haus meines Vaters, zu dem ich mittlerweile flüchtete nachdem mir der Stiefvater drohte, mich totzuschlagen.
Ich hatte keine Möglichkeit, das ganze Trauma mit all seinen Schmerzen jemals zu verarbeiten. Irgendwann war das Maß für mich voll. Alle Erfahrungen und die Erinnerungen daran, die sich im Laufe der Jahrzehnte in meinem Gedächtnis ansammelten, drohten meinen Kopf zu sprengen was mich schließlich dazu drängte, Ordnung darin zu schaffen. Ich setzte mich hin und fing an zu schreiben. Einmal damit angefangen, sprudelte es nur so aus mir heraus, mir alles von der Seele zu schreiben, das sich als sehr befreiend anfühlte, so entstand mein Buch „Gefühlschaos – ein Leben lang“, das im Verlag Kern erscheint.
Aufgrund meines Schicksals und den daraus zwangsläufig entstanden Erfahrungen, lebe ich heute zurückgezogen und ohne Partner. Ich bin mittlerweile in Rente und übe nebenberuflich mein Hobby aus, das ich vor dreizehn Jahren noch zu meinem Beruf gemacht habe. Wegen meiner nicht enden wollenden Depression und damit das Gedankenkarussell in meinem Kopf endlich aufhören sollte, nahm ich mir nach einem erneuten Klinikaufenthalt vor, mich endlich mit etwas Positiverem beschäftigen zu wollen und ließ mich, neben meiner Berufstätigkeit als Verwaltungsangestellte, mit 52 Jahren noch zur Kosmetikerin und Fußpflegerin ausbilden. Damit fühle ich mich gut, bestätigt, bleibe aktiv und im Kontakt.
In meiner Freizeit bin ich viel in der Natur, mache kleinere und auch große Wanderungen oder Radtouren. Ich bin spirituell und versuche ein Leben zu leben, das mir Ruhe und Harmonie gibt und das mich möglichst nicht aus dem Gleichgewicht bringt.
Meine ganze Freude sind mir heute meine beiden Söhne mit ihren Familien. Vier Enkelkinder haben sie mir geschenkt, über die ich sehr dankbar und glücklich bin.
Das erste Buch der Autorin, die um sich zu schützen, unter einem Pseudonym schreibt, hat den Titel Gefühlschaos – ein Leben lang.
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